17. Oktober 2018

17. Oktober 2018 – Internationaler Tag zur Űberwindung der Armut

« Gemeinsam für eine Welt, wo Würde und Rechte jedes Menschen respektiert werden »

 ATD Quart Monde Luxemburg feierte 70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Zentrum Neumünster im Beisein vieler Mitglieder und Sympathisanten.

Die Präsidentin von ATD Quart Monde Luxemburg, Joëlle Christen, hat die Feierlichkeiten eingeleitet mit einem Zitat von Père Joseph Wresinski, Gründer der Internationalen Bewegung ATD Vierte Welt:

«Dank Euch, den Familien der Vierten Welt, wissen wir, dass die Menschrechte nur dann für uns existieren, wenn sie auch der am meisten verachteten Familien garantiert sind. Sie sind nur dann auf lange Zeit gesichert, wenn sie nicht nur in den Gesetzen, sondern vor allem in den Herzen und im persönlichen Leben der Menschen wirksam werden. Die Menschenrechte sind in erster Linie eine Angelegenheit von Menschen »

Des Weiteren hat Frau Christen sich auf die Botschaft von Isabelle Perrin, Generaldelegierte der Bewegung ATD Vierte Welt, berufen. In einer Zeit, in der die Welt vor vielen Herausforderungen steht, stellt sich die Frage: Haben wir nicht ein Bedürfnis nach Intelligenz und Kreativität derjenigen, die es verstehen, Leben zu ermöglichen, Freiheit und Frieden inmitten der Gewalt der Armut aufzubauen? Gemeinsam ist es möglich, unserer Erde eine nachhaltige Zukunft zu geben – lasst es uns wagen! Zum Schluss hat Frau Christen die grundlegenden Aktionen der Bewegung hervorgehoben: das Wissen teilen und die Partnerschaft mit den ärmsten Familien. In diesem Sinne hat eine kleine Delegation aus Luxemburg an einem internationalen Treffen in Paris teilgenommen.

In unserem Land sind die Menschenrechte wohl anerkannt, aber wir begegnen alltägliche Situationen, wo die Menschenrechte nicht respektiert werden, und dies oft unauffällig. Aber die Familien der Vierten Welt wissen dies aus Erfahrung und engagieren sich zusammen mit anderen, damit die Menschenrechte besser respektiert werden. Hier einige Aussagen:

Recht auf ein Familienleben

« Ich war eine stolze Mutter, als mein Mädchen zur Welt kam. Nach der Geburt hat man uns getrennt und meine Tochter kam in eine Pflegefamilie. Ich sehe sie nur eine Stunde pro Woche, das ist nicht genug. Ich mache alles, damit meine Tochter wieder mit mir zusammen leben kann. Ich habe eine Arbeit und gehe in Abendkurse um einen Schulabschluss zu bekommen. Ohne meine Tochter fühle ich mich nicht als Mutter. »

Ist das Recht auf ein Familienleben heute respektiert?

 

Recht auf Gesundheit

« Jeder braucht Ruhe im Leben, sonst kann man sich nicht weiterentwickeln. Ich lebe oft in schwierigen und ängstlichen Situationen. – Die Zahnmedizin ist teuer und ich weiß nie im Voraus wieviel es kosten wird. Daraufhin gehe ich nicht zum Zahnarzt, obwohl es notwendig wäre. Ich gehe maximal 2x im Jahr zum Arzt. All dies macht mir Sorgen. »

Hat wirklich jeder Mensch in unserem Land Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet?

 

Recht auf Bildung und Kultur

« Was mir wichtig ist, ist das Recht auf Bildung und Kultur (Musik, Tanz, Theater …), weil man sich bereichert. Wenn man teilnimmt am kulturellen Leben wird man selbstständig. Das ist grundlegend, das ist die Basis für mich. Früher habe ich mich geprügelt, die Kultur und die Bildung haben mich beruhigt. Die Aktionen von ATD erlauben einem einen kulturellen Austausch mit anderen und führen zur Selbsterkennung in der Gruppe. Um einen Zugang zur Kultur zu haben, vermittele ich was wir haben und tausche mich mit anderen aus. Ohne Kultur keine Bildung. »

Ist der Zugang zur Kultur für jeden in Luxemburg möglich?

Diese Aussagen haben die Rede von Fabienne Rossler (Generalsekretärin der Commission consultative des Droits de l’Homme) unterstrichen. Sie hat die vielen Facetten der Armut in Luxemburg erläutert: abhängig sein, sich schämen, isoliert und ausgeschlossen sein… Sie machte einen Aufruf ans uns alle: In erster Linie der Staat, welcher die Verantwortung trägt ein gesellschaftliches System zu entwickeln, indem jeder in Menschwürde leben kann; dabei hat der Staat auch die Pflicht die wahrhaften Ursachen der Armut zu bekämpfen. Die Sozialpartner und die Wirtschaft sind aufgefordert eine Gesellschaft zu schaffen, die jeden anerkennt mit seinen Fähigkeiten und Denkweisen. Es ist sehr wichtig die betroffenen Personen als Partner einzubeziehen, dies als Zeichen des Respekts…

Der Chor « Home Sweet Home », begleitet von Sängern verschiedener Chöre wie All in One Mamer, Arend & Medernach und Banque de Luxembourg, sorgte für den musikalischen Rahmen unter der Leitung von Nicolas Billaux.

Die Jugendgruppe von ATD Luxemburg begeisterte das Publikum mit einem selbstgetexteten Lied über Freundschaft.

Zu einer Gedenkminute als symbolischen Abschluss versammelte sich das Publikum rund um die Skulptur Publica, « der Tisch der Solidarität », welcher auf dem Parvis in Neimënster steht. Jeder Teilnehmer stellte eine Kerze auf den Tisch um diejenigen zu gedenken, welche nicht da sein konnten, vergessen werden und durch den Teufelskreis der Armut leiden.